In den Wohnunterkünften für geflüchtete Menschen in Harburg werden seit Anfang des Jahres Geschichten geschrieben. Im Rahmen des Projekts „In Kontakt“ sprechen wir mit den Bewohner:innen vor Ort und fragen sie, was sie bewegt. Manchmal wollen die Menschen von ihrer Flucht oder ihrem Heimatland erzählen. Ein anderes Mal schreiben sie eine Geschichte aus ihrem Alltag auf oder erfinden eine eigene. Die geschriebenen Texte der Teilnehmenden werden in regelmäßigen Abständen hier im Blog veröffentlicht.
Viel Spaß beim Lesen!
Meine Heimat in Simbabwe und meine Erfahrung in Deutschland
Ich bin zum ersten Mal im Oktober in Deutschland angekommen. Es ist ganz anders als meine Heimat Harare in Simbabwe. Das Gesicht spricht über die vielen Unterschiede zwischen Deutschland und Simbabwe, besonders Harare und Hamburg. Am Anfang hasste ich Deutschland. Es war so kalt, es gab viele Strukturen und war so allein. Ich konnte nicht so gut Deutsch sprechen und obwohl viel Leute Englisch sprechen konnten, wollten sie nicht. Tatsächlich möchten sie überhaupt nicht sprechen. Das war so seltsam für mich. In Simbabwe spricht jedermann immer mit jedem. Im Bus, im Zug, auf der Straße, sogar in verschiedenen Autos! Außerdem sind die Leute in Simbabwe so religiös. Alle sind Christen und gehen in die Kirche, sogar die Schule ist christlich! Aber hier ist es so divers. Ich glaube es gibt mehr muslimische Menschen, als christliche Leute und es ist interessant. Niemand versteht meine christlichen Witze, das ist nicht so toll. Was auch nicht so toll für mich ist, dass so viele Leute kein Fleisch essen. Besonders meine neuen Freunde. Es ist nicht so schlecht, aber es ist ein bisschen schwerer, ein Grillfest zu machen. Also, ich kann nicht so viele simbabwische Gerichte mit ihnen teilen. Aber wenn wir zusammen die Fußballspiele schauen, ist alles gut.
Meine Religion ist meine Identität
Ich komme aus Afghanistan und meine Religion ist Afghanisch-Hindu. Ich spreche Multani und meine Familie besteht aus 6 Personen: eine Person ist mein Papa, die zweite Person ist meine Mama. Dann habe ich 2 Schwestern und einen Bruder mit seiner Frau. Ich habe früher zusammen mit meiner Familie in einer Wohnung gewohnt. Dann bin ich nach Deutschland gekommen. Dann war ich in Deutschland und habe hier einen Tempel. Das ist der Afghanisch-Hindu Tempel. Dort gehe ich in der Fastenzeit hin und ich bete zu meinem Gott. Ich bete und wir essen zusammen und am Dienstag darf ich kein Fleisch essen. Ich darf nur Gemüse essen. Heute habe ich Nudel gemacht. Ich habe erstmal Zwiebel geschnitten, dann bisschen Schwarzpfeffer und Salz und bisschen Maggimasala. Dann ich hab bisschen Öl, alles Tomate rein, und dann alle Maggimasala rein. Ich hab das bisschen gekocht und bisschen Sahne genommen. Und das war mein Essen, das hab ich gekocht.
Ich habe zu Hause auch einen Tempel und ich bete auch zu Hause. Wenn es mir nicht gut geht oder ich Sorgen habe, hilft mir das Gebet und gib mir Kraft. Meine Religion ist sehr wichtig.
Ich habe eine Wohnung und die Wohnung habe ich seit 5 Jahren. Meine Wohnung hat ein Zimmer, eine Küche, ein Bad. Das ist zu klein und ich suche eine neue Wohnung mit zwei Zimmer. Ich möchte in Hamburg-Harburg bleiben, weil Harburg hat alles: Supermarkt, Hausarzt und Außenmühlenpark. Ich bin glücklich. Ich habe Hilfe bei der Hanse Betreuung gehabt. Danach habe ich eine wichtige Beratung gefunden und ich sage: Vielen Dank, du hast so viel geholfen. Du bist die beste Beratung und du bist immer nett zu mir. Ich sage Danke zu dir und Danke Deutschland! Es ist so viel besser für mich hier geworden.
Afghanistan - Das Land meiner Träume
Ich bin eine junge afghanische Frau und bin 25 Jahre alt. Meine Großeltern und auch meine Eltern kommen aus Afghanistan. Meine Eltern aber sind in den Iran geflüchtet, als sie sehr jung waren. Meine Mutter hat mir erzählt, wie sie in Afghanistan gelebt haben. Jetzt weiß ich, dass Afghanistan ein schönes Land ist mit gutem Wetter, vier Jahreszeiten und grünen Bergen und Tälern. Es gibt im ganzen Jahr viele Veranstaltungen. Die Frauen ziehen bunte Kleidung an und die Kinder sind glücklich. Aber schade: mein Land hat keine Ruhe. Ausländische Kräfte sind immer noch in Afghanistan, um ihre eigenen Ziele zu erreichen. Was deshalb passiert, ist: Bildung für die Frauen ist verboten, Freiheit, Musik und viele Themen sind auch verboten. Die neuen Gesetze bringen Armut, Unsicherheit und dann fliehen die Menschen. Meine Eltern sind deswegen geflüchtet. Meine Geschwister und ich sind im Iran aufgewachsen. Mit 25 Jahren sage ich, dass der Iran nicht mein Land ist, obwohl ich da aufgewachsen bin. Ich denke aber, dass ich auch nicht Afghanin bin, weil Afghanen mich nicht als Afghanin akzeptieren. Und im Iran wurde ich auch nicht akzeptiert, weil ich eine Afghanin bin. Wer also bin ich??? Eigentlich bin ich eine Iranerin oder eine Afghanin, also jemand mit zwei Nationen, aber leider ist dieses Wort im Iran und in Afghanistan nicht sehr bekannt. Meine Eltern leben seit über 40 Jahren im Iran. Das war aber schwierig. Ich wollte dort nicht leben, weil mein Schicksal im Iran unsicher war. Im Iran bin ich in die Schule gegangen.
Zu Hause haben wir iranisch gesprochen. Ich bin mit einer iranischen Kultur aufgewachsen. Afghanistan war nur ein Traumbild für mich. Ich bin 2015 in Deutschland angekommen. Die Flucht war ehrlich gesagt gefährlich. Ich habe ein paar Länder gesehen, meine schlimmsten Erinnerungen waren die vom Meer. Über 30 oder 40 Personen in einem kleinen Schlauchboot ohne Sicherheit. Darüber kann ich nicht mehr reden. Zum Glück lebe ich noch. Jetzt bin ich in Deutschland, aber ich musste mich wieder für ein neues Leben öffnen. Ein neues Leben ohne meine Familie. Mein Vater hat Krebs bekommen, als mein Bruder, seine Familie und ich gerade nach Deutschland geflüchtet sind. Seine Krankheit ist schlimmer geworden, je länger wir unterwegs waren, weil er viel Angst um uns hatte. Nach einem Monat ist er gestorben und ich habe eine Depression bekommen.
Ich war allein ohne meinen Bruder in der Erstaufnahme für Jugendliche in Hamburg. Eine neue Sprache, unbekannte Menschen, Depression und viel zu viele Gedanken haben mich jederzeit gestört. Zum Glück hat sich alles sehr schnell zum Positiven verändert: eine WG mit anderen jungen Frauen, eine Schule, neue Freunde.
Seit fast 8 Jahren bin ich jetzt in Deutschland. Nach der 10. Klasse habe ich sofort meine Ausbildung im Screen Design angefangen und erfolgreich beendet. Ich habe jetzt 2 Kinder. Mein zweites Kind ist noch nicht geboren, aber ich habe jetzt schon einen Plan für meine Zukunft. Wenn mein Sohn ein bisschen aufgewachsen ist, möchte ich eine Arbeit anfangen. Es ist sehr schön, dass ich hier in Deutschland meine Ziele sehr schnell erreichen kann. Ich bin sehr dankbar dafür, weil ich jetzt einen sicheren Lebensplan habe. Ich denke aber: jedes neue Leben hat seine Vor- und Nachteile. Ich fühle mich immer noch allein, obwohl ich hier in Deutschland meine eigene Familie und viele Freunde habe. Aber mein Herz und mein Inneres ist nicht ganz zufrieden. Ich vermisse meine Familie im Iran.
Ich wünschte, es gäbe nirgendwo auf der Welt Krieg oder Unsicherheit…
Alte Kultur
Ich wollte meine Familie nicht verlassen, aber musste das machen wegen meiner Gesundheit. Meine Oma wollte, dass ich beschnitten werde. Ich war damals 6 Jahre alt und mein Vater war gestorben. Meine Mutter war bei uns zu Hause.
Eines Tages wollte meine Mutter meine Tante besuchen, die in Äthiopien lebt. Sie hat mich und meine Oma allein zu Hause gelassen und meine Oma wollte diese Chance nutzen, um mich beschneiden zu lassen. Ich konnte nichts sagen oder entscheiden. Ich war 6 Jahre alt und wenn Oma etwas sagte, musste die ganze Familie es akzeptieren. Oma hat ihre Entscheidung verfolgt und mich beschneiden lassen. Ohne Betäubung. Ich habe nur geweint und viel geblutet. Ich hatte die ganze Zeit Schmerzen und habe immerzu geweint. Keine Schmerzmittel. Ich konnte nicht schlafen und ich hatte in der Nacht Angst, dass jemand kommt und das noch mal mit mir macht. Ich habe 7 Tage nur Wasser getrunken. Dann kam meine Mutter und hat gesehen, was passiert ist. Sie hat mit meiner Oma diskutiert. Sie wollte nicht, dass so ich beschnitten war, wie meine Oma das gemacht hat. Sie war als meine Mutter voll gegen das Beschneiden. Und das hat mich beruhigt. Und das hat mir Hoffnung gegeben, dass ich nicht noch mal Schmerzen kriege.
Aber ich hatte wieder Schmerzen, weil ich beim Spielen hingefallen bin und die Stelle nicht geheilt war. Sie ist wieder aufgegangen und ich musste noch mal genäht werden. Meine Mutter war wieder dagegen. Auch ich wollte das nicht nochmal. Ich wollte nicht noch mal diese Schmerzen erleben. Mama hat zu mir gesagt: „Du musst dieses Haus verlassen.“ Weil meine Oma wollte unbedingt, dass ich noch einmal beschnitten werde. Meine Mutter hat mir vorgeschlagen, dass ich zu meiner Tante nach Äthiopien gehe. Da habe ich direkt „ja“ gesagt und alles so schnell vorbereitet, dass ich zu meiner Tante gehe und keine Schmerzen mehr habe.
Meine Tante hat mir geholfen, bis ich in Deutschland war. Sie hat mir geholfen, damit ich nicht zu meiner Oma zurückmuss und noch mal erlebe, was damals passiert ist. Dafür bin ich meiner Tante sehr dankbar. Sie hat was Nettes getan.
Ich bin jetzt in Deutschland ich denke immer noch an die Schmerzen, die ich als Kind in Somalia hatte. Ich spüre zwar keine Schmerzen mehr, aber im Kopf bleibt die Erinnerung. Ich habe jetzt eine Tochter und will ihr niemals antun, was meine Oma mir angetan hat. Ich bin eine gläubige Muslimin, aber im Koran steht nicht, dass wir Frauen Sünde in uns tragen und beschnitten werden müssen. Es ist einfach eine alte Kultur und für mich ist es eine Katastrophe. Wenn man menschlich ist, dann macht man das nicht.
Liebe Freunde
Ich habe verschiedene Freunden aus den ganzen Welt. Sie kommen aus: Afghanistan, Pakistan, Deutschland, Eritrea, Ghana, USA, Albanien, Rumänien, Irak, Arabische, Türkei, Thailand, Japan, Kambodscha und Ukraine. Die meisten habe ich in die Schule: die aus Afghanistan sind in Kamp. Aber ich mag meistens die Mädchen aus die Kamp, weil ich mit ihnen viel Spaß habe: wir machen Ausflug zum Supermarkt gehen und wir backen Pfannkuchen und wir machen Picknick und wir machen lustige Fotos. Ich mag meine Freunde sehr.
In Deutschland
Hi, mein Name ist Rahel. Ich lebe in Deutschland. Ich glaube, Deutschland ist super. Es macht so viel Spaß hier. Ich lebe in Hamburg. Als ich mit der Schule angefangen habe, hatte ich 3 Freunde. Meinen Schulanfang hatte ich an der Stadtteilschule-Finkenwerder. Zuerst war ich in der 7. Klasse, es hat so viel Spaß gemacht. Unsere Lehrer waren sehr nett. Mit einem Lehrer haben wir immer Filme geguckt. Aber als ich 15 Jahre alt wurde, habe ich die Klasse gewechselt. Ich kam in die 9. Klasse. Als ich in die Klasse kam, hab ich mich hingesetzt. Der Lehrer forderte mich auf, mich vorzustellen. Also tat ich das. Aber die Schüler in der Klasse fingen an, mich auszulachen. Ich war nicht sauer, ich habe mich einfach wieder hingesetzt. Es war immer das Gleiche. Meine Mitschüler haben mich immer beleidigt, aber meine Mutter meinte, ich soll sie einfach ignorieren. Also tat ich das. Aber ich wurde langsam wütend. Also erzählte ich es meinem Bruder. Mein Bruder sagte meiner Klasse, sie sollten mich nicht mehr beleidigen, sonst bekämen sie Ärger mit ihm. Also hörten sie auf, mich zu beleidigen. Jetzt bin ich in der 10. Klasse und keiner sagt etwas zu mir. Wenn meine Mitschüler etwas sagen und ich gucke sie an, schweigen sie sofort. Es geht mir jetzt gut, aber meine Klasse will nicht mit mir arbeiten, keiner will eine Gruppenarbeit mit mir machen. Es ist schwierig für mich, aber ich habe gelernt, dass alles in Ordnung ist.
Ghana is a peaceful country, whereby we have all the recourses. But the leaders are not making good use of it. So even when you finish your education, it’s difficult to find a job. It’s not easy for the youth and everyone in the country.
So compared to Germany, it’s different. In Germany, when you go to school, you get something to do, you can take care of your children. You can give your children good education and the life here is good.
I’m a trained physiotherapist and my goal is to pursue my career in Germany. I’m a mother of four and I wish one day my three children will live here with me in Germany, so that they can get a real good education. My baby lives here with me. My oldest son is studying to become a scientist. So, to be here with him would be a real benefit for him because of the educational system. And my second daughter wants to be a lawyer. My second oldest son wants to be a soldier.
I like Germany, except a house is difficult to get. Everyone is nice in terms of communication and help. I don’t have the interest of being part of a community, but I smile to anyone who smiles to me. Anyone who shows me he or she is free hearted.
Das Erdbeben von Laghman
Das Erdbeben ist gekommen. Die Menschen sind gestorben. Die haben ihre Häuser verloren. Die haben ihre gesamte Existenz verloren. Die haben kein Essen, kein Trinken. Die haben ihre Kinder verloren. Die haben ihre Männer verloren.
Ich habe viel Leid in mir getragen. Ich konnte dagegen nichts tun. Ich habe sehr viel Schmerz in mir. Jedes Mal, wenn ich zurückblicke, macht es mich traurig. Weil ich hier in Deutschland bin. Ich versuche jeden Tag zu beten und zu hoffen, dass die Menschen nicht mehr leiden. Ich hoffe, dass die Probleme gelöst werden. Dass alle wieder glücklich sind. Ich hoffe sehr, dass die Kinder zur Schule gehen können, dass sie sich bilden können. Dass sie die Möglichkeit bekommen, wieder Normalität zu leben. Ich hoffe, dass Gott unser Land wieder zu Frieden bringt. Dass es genau wie früher wird. Dass unsere Geschwister in unserem Land wieder Frieden haben. Ich hoffe sehr, dass das Jahr der Glückseligkeit für Afghanistan kommt. Dass die Menschen Ruhe finden in Afghanistan. Ich bin sehr froh, dass ich hier bin, dass es mir gut geht. Dass meine Kinder sich bilden können.
Wir haben selbst Zeit verloren. Aber jetzt sind wir hier und können uns weiterbilden. Und eine neue Sprache erlernen. Darüber bin ich sehr froh. Ich bin sehr dankbar für Deutschland, dass sie mich herzlich aufgenommen haben. Wir können hier in Ruhe leben, ohne die Gedanken zu haben, dass etwas passiert.
Ich wünsche mir sehr für alle Menschen dieser Welt Gesundheit, Freude, Liebe. All das wünsche ich mir.
Zu dem Erdbeben kann ich nur sagen, dass ich nicht unterstützen oder helfen kann. Aber ich denke jeden Tag an die Menschen und hoffe, dass sie jetzt Wohnung haben und einen Weg finden, glücklich zu werden.
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