• Beitrag zuletzt geändert am:6. September 2024
  • Beitrags-Kategorie:Neu in Deutschland
  • Lesedauer:5 min Lesezeit
Eine Frau in schwarzer Kleidung und schwarzem Kopftuch mit dem Rücken zur Kamera, sodass man ihr Gesicht nicht erkennt, stehend in einem hellen, unmöblierten Raum
© IN VIA Hamburg e.V.

Frauen in Afghanistan

Warum kann ein Mädchen oder eine Frau in Afghanistan nicht frei leben? Warum kann sie nicht selbst entscheiden, was sie möchte, was sie lernen möchte, sich bilden? Die Frauen leben nur zu Hause und leben nach den Vätern, Brüdern, Onkeln, Cousins. Aber sie leben nicht, wie sie wollen. Den Schmerz und das Leid, das die Frauen erleben, erleben sie nur für sich. Keiner kriegt es mit. Das ist nur in ihnen drin, in den Frauen. Üblicherweise ist es so, dass die Frau einem Mann gegeben wird zur Heirat. Wie er aussieht, was er macht, kann sie nicht entscheiden. Es wird einfach gemacht. Die Frau widmet sich dem Mann, der Mann entscheidet. Der Mann schlägt sie. Der Mann will jedes Jahr Kinder machen. Die Frau. Sie muss dem Mann gehorchen. Sie kann nicht mitentscheiden. Die Frau muss alles dulden, alles akzeptieren und das machen, was der Mann sagt.

Wenn die Frau einen Sohn auf die Welt bringt, redet der Mann sehr freundlich, kriegt die Frau viel Essen, alles, was sie sich wünscht. Wenn sie eine Tochter auf die Welt bringt, dann wird sie 2 Monate ignoriert, wird als nutzlos beschimpft.

Warum muss eine Frau so etwas dulden, etwas so hinnehmen? Weil sie nicht in der Schule war, weil sie nicht gebildet ist, weil sie nicht arbeiten kann, kein Geld verdienen kann. Nur weil der Mann die Verpflegung macht, das Geld nach Hause bringt, ist die Frau gezwungen, diese schlechten Tage zu ertragen. Sie ist ein Knecht für den Mann. Sie muss dulden, wie die Familie ist, wie die Schwiegereltern sind, sie muss alles hinnehmen. Sie muss den ganzen Schmerz und ihre Gefühle unterdrücken und muss egal, wie schlecht die Familie auch ist, nichts sagen. Sie kann ihre Meinung nicht äußern. Ein Mann der arbeitet und das Geld mitbringt. Wie wäre es, wenn eine Frau auch gebildet ist und arbeitet? Diese Frau wird beschimpft als ehrenlos, sie besitzt keinen Stolz. Sie wird beleidigt, sie wird direkt abgestempelt.

Seitdem die Taliban da sind, gibt es weder Rechte für Männer noch für Frauen. Männer können ihre Haare nicht so stylen, wie sie wollen. Das sind die Regeln des strengen Taliban. Als der Präsident Karzei da war, war alles viel besser in Afghanistan. Die Menschen konnten sich bilden. Es gab keine strengen Regeln. Es gab mehr Freiheiten. Da waren sogar die Frauen gebildeter als die Männer. Sie sind vorangekommen.

Auch ich wurde sehr früh verheiratet. Ich war 16. Sie haben mich aus der Schule herausgerissen und mich verheiraten lassen. Ich bin sehr glücklich hier mit meinen Kindern. Ich bin nach Deutschland geflüchtet, als die Taliban wieder an die Macht kam. Ich habe 2 Töchter. Sie haben mich am Telefon beschimpft, weil ich 2 Töchter habe. Aber ich habe ihnen eine freche Antwort gegeben. Ich bin sehr glücklich, dass ich in Deutschland bin. Aber für mich ist es viel Stress, da ich lernen will. Ich gehe zur Schule, dann muss ich kochen und die Kinder abholen. Ich stehe unter Druck dann. Ich freue mich, wenn ich irgendwann fließend deutsch kann.

Ich habe als Kind so viel Schmerz erlitten, der manchmal hochkommt. Als ich aus der Schule entrissen wurde. Dann sitze ich da und denke mir: in welcher Hölle bin ich gerade?

Die Frauen werden jetzt in Afghanistan sehr schlecht behandelt. Sie müssen bis zu 9 Angehörige zu Hause pflegen. Sie müssen kochen, sie dürfen nicht nach draußen. Sie haben richtig gute Berufe erlernt, aber dürfen diese nicht ausüben. Sie haben gemerkt, dass sie Rechte haben. Aber jetzt sind wir wieder in die Vergangenheit zurückgereist. Die Frauen kennen jetzt ihre Rechte, aber dürfen sie nicht leben. Sie sind machtlos.

Ich habe Wünsche, dass ich sehr viel lerne. Ich hatte nicht die Möglichkeit und die Zeit damals. Aber ich werde es jetzt nachholen. Mein Wunsch ist es zu schreiben und zu lesen.  Wenn ich die Möglichkeit hätte, mir einen Beruf auszuwählen, dann wäre ich Journalistin oder Lehrerin. Aber das sind Möglichkeiten, die hatte ich nicht. Ich habe zu Hause geschneidert.

Alle Geschichten

In den Wohnunterkünften für geflüchtete Menschen in Harburg werden seit Anfang des Jahres Geschichten geschrieben. Im Rahmen des Projekts „IN KONTAKT“ sprechen wir mit den Bewohner:innen vor Ort und fragen sie, was sie bewegt. Manchmal wollen die Menschen von ihrer Flucht oder ihrem Heimatland erzählen. Ein anderes Mal schreiben sie eine Geschichte aus ihrem Alltag auf oder erfinden eine eigene. Die geschriebenen Texte der Teilnehmenden werden in regelmäßigen Abständen hier im Blog veröffentlicht.

Viel Spaß beim Lesen!

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